Mangelnde politische Öffentlichkeitsarbeit bei geplanter Rheinquerung A553 im Kölner Süden

Das folgende Schreiben wurde von Dirk Audretsch an diverse Politiker und Politikerinnen gesendet. Herr Audretsch ist Mitglied im Dialogforum zur geplanten Rheinspange 553. Die angeschriebenen Politiker und Politikerinnen vertreten die Interessen der durch die geplante Autobahn beeinträchtigten Bürgerinnen und Bürger in der Bezirksvertretung Porz, dem Stadtrat der Stadt Köln, dem Landtag NRW oder dem Bundestag.

Die Antworten der verschiedenen Parteien haben wir ebenfalls veröffentlicht.

als ausgewählter Bürger bin ich stellvertretend für die Köln-Porzer Bewohner Mitglied im Dialogforum zur Rheinspange 553, der zwischen Köln und Bonn als Verbindung der Autobahnen A555 und A59 geplanten Autobahnquerung.

Beim letzten, dem 6. Dialogforum, wurde den Teilnehmenden vorgestellt, wie aus 17 möglichen Varianten nach detaillierter Bewertung der Hauptzielfelder „Verkehrliche Wirkung“, „Wirtschaftlichkeit“ und „Umwelt“ die 9 sinnvollsten Varianten herausgearbeitet wurden. Die Variante mit der mit Abstand schlechtesten Gesamtbewertung würde den Rhein auf Kölner Stadtgebiet zwischen Langel und Godorf queren, die Variante mit der besten Beurteilung läge zwischen Niederkassel und Wesseling-Urfeld.

Mitte 2021 soll nach weiteren vertiefenden Untersuchungen aus den 9 Varianten, die zwischenzeitlich durch politischen Druck aus dem Rhein-Erft- und dem Rhein-Sieg-Kreis auf 12 aufgestockt wurden, eine „Vorzugsvariante“ herausgearbeitet werden.

Wie man aus der Variantenaufstockung und diversen Presseauftritten erkennen kann, sind die Politiker und Amtsträger der südlich an Köln angrenzenden Landkreise für ihre Bürger und Wähler auch auf politischen Ebenen sehr aktiv, um deren Interessen zu vertreten. Aus diesen Kreisen kommt es immer wieder vermehrt zu der Forderung, dass die aus ihrer Sicht, frei nach dem St. Floriansprinzip, einzig sinnvolle Variante, die sogenannte „Nordvariante“ ist. Also die Querung, die, nach den von Straßen.NRW beauftragten Gutachtern, mit Abstand am schlechtesten bewertet wurde. Eine Autobahnquerung „vor ihrer Haustür“, also auf dem Stadtgebiet Niederkassel, wird kategorisch abgelehnt.

Die Interessen der Kölner Bürger werden dagegen in erster Linie durch eine Bürgerinitiative aus Köln-Porz-Langel vertreten und leider bislang nicht durch die von ihnen gewählten und zuständigen Kölner Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker.

Dabei gibt es aus Kölner Sicht genügend Argumente gegen eine Rheinspange auf Kölner Stadtgebiet:

• Die Zerstörung des Auenwaldes im Langeler Bogen, derzeit ein auf europäischer Ebene hochgradig schützenswertes Naturschutzgebiet und damit die Zerstörung wertvollster Natur- und auch Naherholungsareale

• Die Zerstörung des erst 2008 fertiggestellten Retentionsraumes für Hochwasser zum Schutz der Kölner Altstadt

• Die Zerstörung von, für das gesamte Kölner Klima nachweislich extrem wichtigen Kaltluftentstehungsarealen – und das bei jährlich steigenden Temperaturen

• Die Zerstörung hochrangiger Wasserschutzzonen

• Eine erhebliche Zunahme der Luftverschmutzung durch Verkehrssteigerung (vgl. Verkehrsgutachten Straßen.NRW)

• Eine stark ansteigende Lärmbelästigung im Kölner Süden und den angrenzenden Gemeinden

• Eine starke Einschränkung des Erholungswertes im Kölner Süden

• Eine sinkende Attraktivität für Nutzer geplanter Wohnbebauung in Langel und Libur (Regionalplan, Modul III – Empfehlungen zur Darstellung neuer Siedlungsbereiche (ASB und GIB) als Optionen zur Weiterentwicklung der wachsenden Stadt)

• Eine fast doppelt so lange Bauzeit sowie doppelt so hohe Kosten der nördlichen Rheinspange im Vergleich zu anderen Varianten

In der Stadtstrategie „Kölner Perspektiven 2030+“ der Kölner Stadtverwaltung wird fundiert und detailliert der Frage nachgegangen, wie wir 2030 in Köln nachhaltig, gesund, lebenswert, attraktiv und zukunftsfähig leben wollen. Der Bau einer neuen Autobahn ist weder nachhaltig, noch gesund, macht das Leben in dieser Region nicht lebenswerter und attraktiver und ist auch alles andere als zukunftsweisend.

Vom neuen Ratsbündnis des Kölner Stadtrates wurde zudem beschlossen, zwei neue Dezernate zu schaffen. Eines davon ist das Dezernat für „Umwelt, Klima und Liegenschaften“. Das neue Umweltdezernat soll sicherstellen, dass Köln bis 2035 klimaneutral wird. Auch hierzu passt eine Autobahn im Kölner Süden
nicht.

Nach dem aktuellen Lebenslagenbericht der Stadt Köln liegen die meisten Problemstadtteile Kölns im Rechtsrheinischen. Zu den verschwindend wenigen noch „sehr gut aufgestellten Stadtteilen“ auf dieser Rheinseite sollen Köln-Porz-Langel und Köln-Libur gehören. Mit dem Bau einer Autobahn würde wieder einmal die „Schäl Sick“ drastisch benachteiligt. Lärm, Luftverschmutzung, Zerstörung von Naturschutz- und Naherholungsgebieten würden das Leben im rechtsrheinischen Süden Kölns lebensunwert machen. Die
„Autobahndörfer“ würden kurzfristig im Lebenslagenbericht auf den hinteren Rängen landen, während das linksrheinische Köln davon profitieren würde und das nur, weil man von dort wenige Minuten schneller den Köln-Bonner Flughafen erreichen könnte.

Die Stadt Köln hat bereits im Bundesverkehrswegeplan eine Schienenverbindung zwischen Köln-Godorf und Niederkassel gefordert. Zwischenzeitlich hält sie sich dabei eher zurück. Diese Planungen werden derzeit federführend durch den Rhein-Sieg-Kreis vorangetrieben, um die Straßenbahnlinie 17 von Bonn nach Köln zu realisieren. Diese soll den Rhein unmittelbar südlich von Langel queren, was aber mit dem Bau einer Autobahnquerung als Nordvariante zwischen Langel und Lülsdorf kollidieren würde. Die dringend erforderliche und im Gegensatz zu einer Autobahn klimafreundliche ÖPNV-Verbindung der Städte Köln und Bonn könnte dann nicht realisiert werden. Der Bau einer Stadtbahn an dieser Stelle zur Entlastung der Verkehrsprobleme vor Ort dürfte wesentlich sinnvoller sein, als der Bau einer Autobahn. Dies müsste auch eindeutig im Interesse der Stadt Köln liegen, da bei dem Bau einer Autobahn von einer Verkehrswende wohl nicht die Rede sein kann.

Es ist allerhöchste Zeit, dass die Interessen der Kölner Bürgerinnen und Bürger auch durch ihre Kölner Politiker und Amtsträger klar und eindeutig auf kommunaler sowie Landes- und Bundesebene vertreten werden und zudem gegenüber dem Vorhabenträger Autobahn GmbH u.a. auch im politischen Begleitkreis des Dialogforums deutlich gemacht werden. Zudem sollte das Anliegen, Köln zu einer nachhaltigen, gesunden, attraktiven und zukunftsfähigen Stadt zu machen, auch medial nach außen hin sichtbar gemacht werden. Hierbei auf die Auswahl bzw. Festlegung der sogenannten Vorzugsvariante durch die Autobahn GmbH zu warten ist wenig hilfreich.
Einmal festgelegt, wird sich hier durch kommunalen Widerspruch nichts mehr ändern lassen. Deshalb mein eindringlicher Appell: Handeln Sie bitte jetzt, bevor es zu spät ist.

Für Ihren Einsatz für ein weiterhin lebenswertes Köln wäre ich Ihnen auch im Interesse der Kölner Bevölkerung sehr dankbar.

Dirk Audretsch, Mitglied im Dialogforum zur geplanten Rheinspange 553